Stockentenrettung

Artikel von Juni 2018

Stockente mit ihren Küken
Bild: Nicole Bauer

Familie Duck auf Reisen

Der Garten von Nicole Bauer ist offenbar einer, der auch bei Wildtieren hoch im Kurs steht. Gepflegt und doch auch naturbelassen ist er eine kleine Oase in dem immer urbaner werdenden Bruckmühl. Eine Stockente (Anas platyrhynchos) fand den Garten so einladend, dass sie beschloss, dort ihre Jungen zur Welt zu bringen.  Ein Teich, Schilf, ein geschütztes Plätzchen – ahnte das Tier bereits was ihm bevor stand?

Als Frau Bauer die immer wieder in ihrem kleinen Gartenteich schwimmende Ente bemerkte, hat sie sich sehr gefreut und das Tier zurückhaltend beobachtet. Obwohl Familie Bauer durchaus ihren Garten weiter benutzte, merkte das Tier wohl, dass ihm von den Bauers und ihren zwei kleinen Hunden keine Gefahr drohte und begann zu nisten. Noch interessanter wurde es, als die Ente anfing, jeden Tag ein Ei zu legen. Sie verschwand in dieser Zeit jede Nacht regelmäßig zum nahegelegenen Triftbach. Ihr Gelege ließ sie nur leicht abgedeckt zurück.

Nicole Bauer bemerkte eines Morgens, dass zwei der Eier aufgebrochen waren – war es der Marder, Krähe, Fuchs oder was auch immer. Die tierliebe Frau entschied spontan, der Entenmutter etwas unter die Flügel zu greifen: Mit einem Brett, das sie immer abends,  wenn die Entenmutter einen Abstecher zum Triftbach machte, auf das Nest legte, konnte sie vermeiden, dass weitere Eier gestohlen wurden.

Die Entenmama hat der Eingriff offenbar wenig gestört. War Frau Bauer einmal damit zu spät dran, das Brett vor der Rückkehr der Ente wieder zu entfernen – sie ist deshalb extra um 5:30 Uhr in der Früh dafür aufgestanden – hat die Ente es einfach selbst weggeschoben und ein weiteres Ei nachgelegt. Abdeckung ist Abdeckung hat sich die Ente offenbar gedacht und ließ sich von dem massiveren Brett nicht weiter irritieren. Den Eierdieb hat der Einsatz von Nicole Bauer allerdings so gestört, dass er das Nest anschließend verschont hat.

Als nach ca. vier Wochen acht Entenküken geschlüpft waren, wurde es erst so richtig spannend: Die Entenfamilie brach Richtung Triftbach auf. Eine Nachbarin informierte Frau Bauer über den plötzlichen Aufbruch der Tiere, die mittlerweile über die Bahngleise in ihren Garten gewandert waren. Eine Hauptstrasse und mehrere Nebenstraßen hatte der kleine Entenzug aber noch vor sich, bevor sie den Triftbach erreichten. So manche Entenfamilie überlebt diese gefahrvolle Reise nicht oder nur mit hohen Verlusten.

Kurzentschlossen hat Frau Bauer die Jungtiere deshalb aufgesammelt, in eine Transportbox gesteckt und ist mit der Box und den Küken zum Triftbach gegangen um sie dort wieder frei zu lassen. Bemerkenswerter Weise hat dies alles unter der Beobachtung der Entenmama, die offensichtlich nichts dagegen hatte, stattgefunden. Sie ist Frau Bauer einfach zu Fuß und teilweise im Flug zum Triftbach gefolgt. Die beiden Damen haben sich offenbar dabei auch gut unterhalten – viel geschnattert eben. Die weibliche Kommunikationsfähigkeit ist immer wieder bewundernswert J (männlicher Verfasser).

Weibliche Enten können teilweise sehr rabiat sein, wenn es um ihre Jungen geht. Im Salus Auwald-Biotop konnten wir beobachten und auf Video festhalten, wie eine Ente sogar einen Habicht verfolgte, der ihr eines ihrer Jungen geklaut hatte. Das zurückhaltende Verhalten von Fam. Bauer während der Brutzeit hat offenbar dazu geführt , dass das Wildtier ein gewisses Vertrauen gefasst hatte und sich deshalb von  Frau Bauer helfen ließ.

Menschliche Interpretationen von tierischem Verhalten sind immer schwierig. Andererseits tendieren viele Menschen dazu, Tiere vorsätzlich zu unterschätzen, um sie „nur als Tiere“ abzuqualifizieren. Wo kämen wir denn auch hin, wenn wir genauer darüber nachdenken würden, wie viel des menschlichen Verhaltens schon bei Tieren angelegt ist – wir wollen viele davon ja ohne schlechtes Gewissen verspeisen.

Am Triftbach wurden die Kleinen dann frei gelassen und von der Entenmama gleich wieder unter die Fittiche genommen. Auch ein Erpel hat sich dann gleich dazu gesellt und so konnte Familie Bauer und Familie Duck ein Happy „Ent“ feiern.

Wir wollen hier nicht dazu animieren in das natürliche Geschehen einzugreifen, es ist eher Zurückhaltung angebracht. Aber einen jungen Astling vorsichtig vom Boden ein paar Meter nach oben auf einen Ast zu setzen, damit er nicht gleich von der nächsten Katze erwischt wird oder einfach Tiere im eigenen Garten zu tolerieren und beim Gärtnern ein bisschen Rücksicht auf sie zu nehmen – wie Fam. Bauer – empfehlen wir schon. Industrialisierte Landwirtschaft, Flächenverbrauch usw. – der private Garten, mittlerweile ein Rückzugsgebiet auch für wilde Tiere.