Artikel von August 2018
Die Blindschleiche war 2017 Reptil des Jahres. Den meisten ist sicher bekannt, dass sie zwar wie eine Schlange aussieht, aber zu den Echsen gehört. Ihre Beine hat sie im Laufe der Evolution so weit reduziert, dass sie nur noch als Anlagen im Skelett erkennbar sind. Sie kann, wie die Zauneidechse auch, bei Gefahr ihren Schwanz abwerfen (Autotomie). Dieser wächst dann aber nur in sehr reduzierter Form nach und deshalb sollte man die Tiere auch nie am Schwanz ergreifen – der Schwanz ist deutlich länger als das eigentliche Tier.
Blindschleichen können bis zu 40cm lang und bis zu zwanzig Jahre alt werden. Ihre Paarungszeit ist Mai / Juni, die Revierkämpfe der Männchen eher spektakulär als gefährlich – sog. Kommentkämpfe. Sie gebären im Sommer bis zu zehn vollständig entwickelte Jungtiere, die im Innern des Muttertieres aus ihren Eiern schlüpfen.
Die Blindschleiche ist nicht blind. Aus blint, einem altdeutschen Wort für blendend, wurde im Laufe der Zeit blind. Blendend ist sie wegen des Glanzes ihres Körpers. Blindschleichen haben einen ausgeprägten Geruchssinn. Mit ihrer Zunge kann sie Geruchsmoleküle aus der Luft aufnehmen, die sie über das geöffnete Maul an ihr Gaumendach transportiert – Jacobsonisches Organ. Wie bei den Schlangen, die ihr Maul aber für diesen Vorgang geschlossen halten können, denn sie haben dazu eine Spalte im Oberkiefer, wird die Geruchsinformation dort ausgewertet – die Zungengabelung dient dabei der Orientierung. Wo Schlangen jedoch nahezu taub sind, hören Blindschleichen ziemlich gut. Sie haben eine von Schuppen verdeckte Gehöröffnung.
Blindschleichen sind ausgesprochene „Nützlinge“. Sie fressen Regenwürmer, Insekten, Spinnen, und vor allem die Schrecken jeden Gärtners: Nacktschnecken! Ihre natürlichen Feinde sind Fuchs, Marder, Igel, Dachs, Wildschwein, aber auch die Rabenvögel und Greifvögel wie Mäusebussard und Turmfalke. Frei laufende Hauskatzen finden nicht nur an Vögeln und Mäusen Gefallen. Wenn nichts Aufregenderes in der Nähe ist, tut es auch eine Blindschleiche, um sich mit tödlichem Spiel die Zeit zu vertreiben. Ihr größter Feind ist aber der Mensch. Immer weiter zunehmende Intensivierung der Landwirtschaft, Flächenverbrauch, aber auch die Mahd von Wiesen, Randstreifen, Grabenböschungen mit Saug- und Kreiselmähern sowie die Fallenwirkung von Schächten in die die Tier zwar hinein aber nicht mehr herauskommen usw. spielen dabei eine Rolle. Wer privat aus seinem Garten einen Golfplatz macht und die Mäharbeiten auch noch einem Mährobotter überlässt, muss sich nicht wundern, wenn er bei sich keine Blindschleichen mehr hat. Auch Chemie, die gegen tierische „Schädlinge“ oder „Unkraut“ eingesetzt wird, trifft immer auch die Tiere, die sich direkt oder indirekt davon ernähren.
Besser als Chemie einzusetzen, ist es in einem naturbelassen Garten die richtigen Bedingungen für die „Nützlinge“ u. a. die Blindschleiche, den Feind der Nacktschnecken, zu schaffen. Komposthaufen, unordentliche Holz- und Reisigstapel, Trockenmauern, flache Steine oder/und Heuhaufen sind die Orte, an denen sie sich wohl fühlt. Dort trifft man dann häufig auch mehrere Exemplare unterschiedlichen Alters an.
Nicht vergessen: durch die immer intensivere Landnutzung werden unsere Gärten immer mehr zu Rückzugsorten für die bedrohte Tier- und Pflanzenwelt!