Kamelhalsfliege (Raphidioptera)

Artikel von Januar 2022

Kamelhalsfliege

Sie sind lebende Fossilien und waren schon zu Zeiten der Dinosaurier unterwegs. In Mitteleuropa sind, von den weltweit lediglich etwa 250 verschiedenen Kamelhalsfliegenarten, 16 bekannt. Zwischen 8 und 18 mm sind die meisten Arten lang und gut erkennbar an ihrem langgestrecktem Hals und den großen, fein genetzten und glasklaren Flügeln, die in Ruhe dachartig zusammengelegt werden.

Große Flieger sind sie allerdings nicht. Sie suchen ihre Beute lieber zu Fuß und nutzen hierbei ihre relativ gut entwickelten Komplexaugen. Blatt- und Schildläuse erbeuten sie hauptsächlich. Bei entsprechenden Populationsdichten sind sie aber auch durchaus hilfreich gegen den Borkenkäfer. 

Die Weibchen sind gut erkennbar an ihrer langen Legeröhre (Ovipositor). Diese ist sehr beweglich und dient zum Ablegen der Eier z. B. in Rindenspalten. Wie die adulten Tiere, leben auch die Larven terrestrisch und räuberisch.  

Als holometabole Insekten verbringen sie zwei bis drei Jahren im Larvenstadium. In dieser Zeit häuten sie sich  bis zu 15 mal, bevor sie in eine ca. 3-wöchige Puppenruhe gehen. Die letzte Entwicklungsphase findet meist im Frühjahr statt. Bei einigen Arten beginnt die Puppenruhe allerdings bereits im Spätherbst und wird zur Überwinterung genutzt. Die im Frühjahr schlüpfenden  ausgewachsenen und geflügelten Tiere sind dann geschlechtsreif. Dieses letzte Stadium dauert dann allerdings nur noch wenige Wochen.

Kamelhalsfliegen sind stenotope Insekten. D. h. sie kommen nur in wenigen, klar definierbaren Biotopen vor. Dort können sie bei guten Lebensbedingungen zwar durchaus massenhaft auftreten, ihre Verbreitungsmöglichkeiten sind allerdings durch die mangelnden Flugfähigkeiten stark eingeschränkt. Zufall und Windverdriftung spielt hier wohl eher eine Rolle als zielorientiertes Wählen eines neuen Habitats, wozu beispielsweise Bienen in der Lage sind.

Die Schwarzhalsige Kamelhalsfliege (Venustoraphidia nigricollis) ist 2022 zum Insekt des Jahres gewählt worden und soll uns darauf aufmerksam machen, wie vielfältig (Biodiversität) und verletzlich die Natur ist. Sie galt lange Zeit als eine der seltensten Kamelhalsfliegenarten überhaupt.