Artikel von Dezember 2018
Justin der Biber ist bei uns im Tierkundemuseum als Präparat ausgestellt. Im Salus Auwald-Biotop und in den Gewässern um das Naturerlebnis Bruckmühl herum kann man seine lebende Verwandtschaft in ihrer natürlichen Umgebung beobachten. Da Biber nachtaktiv sind, geht das am besten über unsere Videoaufnahmen, die ihn in der Nacht beim Schwimmen fressen, bauen usw. zeigen.
Der Biber ist ein typischer Auwaldbewohner. Er ist für das Natuerlebnis Bruckmühl einerseits eine Attraktion andererseits möchte man den Besuchern auch die Möglichkeit geben, sich an vielen typisch heimischen aber auch so manchen exotischeren Pflanzenarten zu erfreuen. Einige von ihnen hat aber offenbar der Biber zum fressen gern. Um hier eine Weg zwischen Attraktion und Digestion zu finden, wurde im Naturerlebnis Bruckmühl ein Konzept realisiert, um die Schäden gering zu halten. Herr Sichler, Biberbeauftragter der Unteren Naturschutzbehörde Rosenheim, berät uns bei entsprechenden Maßnahmen, um den Biber zu „managen“. So werden seit einiger Zeit unsere schützenswerten Bäume auf den unteren ein bis eineinhalb Metern einfach mit Maschendrahtzaun oder Hasengitter umwickelt und schon ist der Biber nicht mehr interessiert. Der Aufwand und die Pflege ist überschaubar, der Erfolg beinahe 100%. Entbehrliche Weiden, Pappeln, Erlen usw., die in großer Zahl und mittlerweile auch sehr dicht im Auwald vorhanden sind, überlässt man hingegen dem Biber – der Biber als unentgeltlicher Waldpfleger! Auch haben sich elektrische Weidezäune, in der Nähe besonders schützenswerter Bereiche, durchaus bewährt. Es ist nicht nötig hierbei ein komplettes Areal damit einzuzäunen. Im Salus Auwald-Biotop liegt der Kräutergarten lediglich im „Elektroschatten“ eines 25m langen und ca. 1m hohen Weidezaunes. Seit er in Betrieb genommen wurde, gibt es keine Fraßschäden mehr durch Meister Bockert.
Viele Tipps, wie man Schäden durch den Biber vorbeugen kann, hat das Bayerische Landesamt für Umwelt in dem Artikel „Biber – Baumeister der Wildnis“ veröffentlicht, der auch im Internet zu finden ist. Es findet sich darin auch viel Interessantes, um das Leben und Wirken der Biber zu verstehen. Dass z. B. Maisfelder und vor allem Maiskolben durchaus schmackhaft sind, hat sich mittlerweile auch unter den Bibern herumgesprochen. 90% solcher und ähnlicher Konflikte zwischen Mensch und Biber kommen, laut Bayerischem Landesamt für Umwelt, aber innerhalb von 10m vom Rand eines Gewässers vor. Wir erinnern uns an Artikel und Ausstellungen vom und im Naturerlebnis Bruckmühl, die im Bruckmühler Bürgerboten und Mangfallboten veröffentlicht wurde und im Tierkundemuseum gastierten? „Bunte Meter“ hieß die Aktion von NABU und LBV und sie sollte uns damals, dies ist heute aktueller denn je, deutlich machen, wie wichtig bunte Randstreifen mit Wildpflanzen. Z. B. auch am Rand von Gewässern, um Insekten und Vögeln noch die Möglichkeit zu geben, Nahrung zu finden. Gäbe es diese Randstreifen, wäre auch dem Biber geholfen und die Interessenskonflikte zwischen Mensch und Tier würden weniger.
Notfalls hat bei größeren Schäden das Bayerische Umweltministerium einen Biberfonds eingerichtet, an den man sich wenden kann, um eine Entschädigung zu beantragen. Der Biber ist nur in unmittelbarer Nähe seiner Gewässer aktiv. Er ist sehr lauffaul und bewegt sich vorwiegend auf Wasserpfaden. Dies ist im Auwald-Biotop vor allem im Winter schön zu beobachten, denn seine Spuren im Schnee sind meist die kürzest möglichen von Teich zu Teich. Es ist auch nicht so, dass sich der Biber unbegrenzt vermehrt. Dadurch, dass Biber sehr territorial sind, limitieren sie ihre Populationsdichte selbst. Auf zwei Kilometer Uferlänge kommt maximal eine Biberfamilie. Die Revierkämpfe sind sehr intensiv und können für das unterlegene Tier durchaus tödlich enden. Die Anzahl der Biber in einem bestimmten Gebiet ist also überschaubar und regelt sich von selbst.
Die gefällten oder verbissenen Bäume, die wir bei unseren Spaziergängen entlang der Mangfall sehen, und über deren Schädigung wir uns manchmal ärgern, sind häufig Weichhölzer wie Weiden, Pappeln oder Erlen, die äußerst vital sind und zu deren Verbreitung der Biber durch seine Aktivitäten sogar beiträgt. So paradox es für manchen klingen mag: Der Biber pflegt unsere Landschaft nicht nur im Sinne der Natur, er trägt zum Hochwasserschutz bei, verbessert die Wasserqualität, erhöht den Fischbestand usw. Die Liste von Vorteilen, die auch der Mensch durch die Aktivität der Biber hat, ist lang.
Biber lieben Weiden. Da der Biber keinen Winterschlaf macht, legt er unter Wasser richtige Vorratslager an Weidenästen an, von denen er sich vor allem im Winter ernährt. Der Biber markiert sein Revier mit dem sogenannten Bibergeil. Im Mittelalter war dieses Sekret ein altes Hausmittel zur Behandlung von Krämpfen, Nervosität usw. Dies wird heute mit der Salicylsäure, einem in der Weidenrinde enthaltenen Stoff, den man vom Aspirin her kennt, in Verbindung gebracht. Auch als Aphrodisiakum war es sehr begehrt – ein frühes Viagra. Dies und sein Fell wurden ihm zum Verhängnis. Im 19. Jahrhundert war der Biber in Bayern ausgerottet. Heute sind Biber und ihre Bauwerke streng geschützt. Es ist strafbar, die Tiere zu fangen oder zu töten. Auch seine Bauten dürfen nicht beschädigt oder zerstört werden. Der Biber (Castor fiber) ist unser größter einheimischer Nager. Er hat die Fähigkeit sich unserer industrialisierten Umwelt anzupassen, hat aber auch die Möglichkeiten, seinen Lebensraum selbst zu gestalten. Er ist damit einer der wichtigsten natürlichen Helfer bei der Renaturierung von Landschaften und bei der Wiederherstellung der Artenvielfalt. Er trägt massiv zum Artenschutz bei – ganz aktuell und das sicher nicht grundlos, eines unserer neuesten politischen Ziele! Das Ganze macht er für uns kostenlos, er braucht nur Platz. Wo Biber bauen, siedeln sich Amphibien wieder an, werden seltene Vögel wieder häufiger, finden Insekten und schon beinahe ausgestorbene Pflanzen wieder eine neue Heimat …
Man sagt gemeinhin, der Mensch ist schlauer als das Tier. Der Biber ist in seinem Verhalten durchaus berechenbar, zum Teil sogar steuerbar. Wir können, wie bei uns im Salus Auwald-Biotop, in den meisten Fällen durchaus Konzepte finden, um gut mit den Bibern zu leben.