Artikel von Dezember 2019
Ende Oktober war bei uns wieder ein imposantes Naturschauspiel am Himmel zu beobachten. Hunderte von Kranichen zogen über unsere Region hinweg, ihre trompetenartigen Rufe waren dabei deutlich zu hören.
Die typische V-Formation, die die Tiere beim Fliegen oft bilden, dient vor allem der Energieersparnis. Außer dem ersten Vogel können hierbei alle anderen Tiere der Formation den Auftrieb nutzen, der durch die Randwirbel des vorausfliegenden Vogels entsteht.
An diesen schönen Herbsttagen nutzten die Tiere offenbar die Hochdrucklage Ende Oktober und die östlichen Rückenwinde, um in ihre Überwinterungsgebiete im Südwesten zu fliegen.
Bei den in Europa brütenden Kranichen wird grob in drei Zugrouten unterschieden. Der westeuropäische Zugweg führt über Deutschland, Frankreich, Spanien bis Nordafrika. Der osteuropäische Zugweg führt über das Schwarze Meer, die Türkei bis nach Israel.
Die dritte Route ist der baltisch-ungarische Zugweg. Die Tiere stammen vorwiegend aus Finnland und Estland und fliegen von dort aus direkt nach Süden, um in ihre Überwinterungsgebiete zu gelangen.
Überlebenswichtig sind für Zugvögel hierbei Rastgebiete, im Fall der Kraniche Feuchtgebiete, wie beispielsweise der Hortobagy-Nationalpark in Ungarn. Bis zu 135.000 Tiere sammeln sich dort im Herbst, um sich von dem anstrengenden Flug auszuruhen und Nahrung aufzunehmen, um weiter über Italien, Sizilien bis nach Nordafrika ziehen zu können.
Die Kraniche, die die letzten Tage bei uns zu beobachten waren, sind ein Ableger dieses 3. Zugweges. Die gesichteten Tiere ziehen entlang der Alpen zu ihren südwestlichen Überwinterungsgebieten in Südfrankreich, Spanien und teilweise weiter bis nach Nordafrika.
Dieser Zugkorridor, nördlich der Alpen, ist relativ neu! Er wird erst seit ca. zehn Jahren von den Tieren genutzt. Ob er sich weiter etabliert, bleibt abzuwarten.
Je nach Klimazone, in der das Brutgebiet der Kraniche liegt, können Kraniche sowohl als Standvögel als auch als Langstreckenzieher vorkommen.
Zudem passen sich die Vögel in ihrem Zugverhalten auch den aktuell veränderten Nahrungs- und Klimabedingungen an.
Kraniche,die in England, das durch den Golfstrom rel. milde klimatische Bedingungen bietet, brüten, haben beispielsweise gar keine Veranlassung mehr, sich auf den beschwerlichen und gefahrvollen Weg nach Süden zu machen.
Wie bei den Kranichen, ist bei vielen weiteren Vogelarten mittlerweile verstärkt die Tendenz zu beobachten, dass sie ihre Zugwege verkürzen bzw. ihre Überwinterungsgebiete immer mehr nach Norden hin verlagern.
Von den weltweit 15 Kranicharten ist der Graue Kranich (Grus grus) die einzig in Europa vorkommende Kranichart. Er ist mit einer Flügelspannweite von bis zu 2,4 m und einer Stehhöhe von bis zu 1,3 m bedeutend größer als z. B. der Weißstorch. Geschlechtsdimorphismus ist kaum vorhanden, das Männchen ist lediglich etwas größer als das Weibchen.
Kraniche sind Allesfresser und können in Gefangenschaft mehr als 30 Jahre alt werden.
Berühmt sind sie für ihre aufwändigen Balztänze.
Der elegante Vogel gilt als Glücksbringer und als Symbol für Wachsamkeit, Klugheit und Langlebigkeit.
Wir vom Naturerlebnis Bruckmühl, möchten uns beim LBV, Kreisgruppe Rosenheim für die freundliche Unterstützung bedanken.