Artikel von Februar 2017
Besonders im Winter sind Graureiher (Ardea cinerea) auf unseren abgeernteten Feldern häufiger zu sehen. Das war nicht immer so. Der Graureiher, auch Fischreiher genannt, wurde vom Menschen als Nahrungskonkurrent betrachtet, Jahrhunderte lang verfolgt und bis in die 1970er Jahre bei uns beinahe ausgerottet. Das gleiche gilt für die „Weißen“, die sich auf den Feldern immer öfter unter die „Grauen“ mischen. Diesen Silberreihern (Ardea alba) wurden, außer, dass auch sie Fische mögen, vor allem ihre Schmuckfedern zum Verhängnis. Die Modeindustrie verwendete sie bis Anfang des 20. Jahrhunderts zur Verschönerung von Damenhüten.
Die Zunahme der Graureiherbestände gilt als Beispiel für erfolgreichen Artenschutz, der seit den 1970ern für den Graureiher besteht. Warum allerdings jetzt immer mehr Silberreiher bei uns zu sehen sind, darüber ist sich die Wissenschaft nicht ganz einig. Allein Artenschutz und Klimawandel sind es wohl nicht. Die Tiere passen sich offensichtlich auch den veränderten Nahrungsbedingungen immer mehr an. Wo sie früher vorwiegend in Feuchtgebieten Fische und Amphibien als Nahrung fanden, suchen sie diese jetzt in Form von Mäusen auf trockenen Feldern.
Bei den Störchen konnten wir vor kurzem eine Gruppe umherziehender Tiere bei uns beobachten. Bei Bad Aibling wurden mehrere Tiere beobachtet, die sich auf den Feldern der Mäuse annahmen. Wie bei den Reihern kann, in Jahren hoher Mäusepopulationen, der Verlust an Amphibien, Reptilien, Insekten durch diese temporären Anstiege an Kleinsäugern kompensiert werden – der Storch ist ein Nahrungsopportunist. Es wäre aber falsch zu denken, dass die Tiere durch die aktuell vielen Mäuse über den Berg wären. Nahrungsüberschuss und Nahrungsmangel wechseln sich in der Natur bekanntlich ab. Feuchtgebiete, die diese Zyklen kompensieren könnten, gibt es aber bei uns nicht genug. Es ist deshalb wenig wahrscheinlich, dass sich der anspruchsvollere Storch ohne menschliche Hilfe bei uns nachhaltig ansiedeln wird.
Die Weißstorchpopulation hatte bei uns in den 1970er Jahren ihren Tiefststand. Die Gründe für den starken Rückgang waren die Intensivierung der Landwirtschaft, Trockenlegung von Feuchtgebieten, Stromleitungen usw. Der aktuell verstärkte Anbau von Energiepflanzen ist ein zusätzliches Problem für den Storch.
Die langsame Erholung der Bestände kommt nicht, wie bei den Reihern, durch abnehmenden Jagddruck. Als Glücks- und Frühlingsbote war der Storch schon immer ein Sympathieträger und wurde kaum gejagt – Meister Adebar bringt uns ja sogar die Babys! Grund für die Zunahme der Bestände sind die umfangreichen Unterstützungsmaßnahmen, die der Storch in manchen Regionen genießt. Extensivierung von Wiesen, Renaturierung von Feuchtgebieten, Horstbetreuung sind ein paar der Maßnahmen, die beispielsweise seit 1984 im Rahmen des Bayerischen Weißstorch-Schutzprogramms stattfinden. Das Bayerische Landesamt für Umwelt (LfU) und der Landesbund für Vogelschutz (LBV) arbeiten hier zusammen, um die Lebensgrundlagen für die Störche zumindest regional wieder zu verbessern. Ein weiterer Grund, dass es wieder mehr Störche gibt, ist das teilweise veränderte Zugverhalten der Vögel. Sie überwintern häufiger in ihren europäischen Brutgebieten – vor allem bei menschlicher Unterstützung – und/oder ziehen nur noch kürzere Strecken – beispielsweise bis nach Südspanien,wo sie auf Müllkippen ausreichend Nahrung finden. Sie sparen sich damit den kräftezehrenden und gefährlichen Weg in die afrikanischen Überwinterungsgebiete.