Vogelschlag

Artikel von November 2017

Engelsbild

In Europa sterben laut LBV (Landesbund für Vogelschutz) ca. 250.000 Vögel täglich durch die Vogelfalle Glas. Ob Fenster, Fassaden, Wintergärten, Wartehäuschen, usw. Glas ist ein beliebter Baustoff und wird immer häufiger eingesetzt. Vögel erkennen Glas selbst nicht. Ein Buchfink beispielsweise fliegt zwischen 30 und 50 km/h. Stellen Sie sich vor sie fahren mit dem Fahrrad und vor ihnen ist eine Glaswand, die sie nicht sehen können – gruselig oder?

Vögel interpretieren Spiegelungen im Glas falsch. Besonders vor dunklen Räumen spiegelt Fensterglas besonders stark. Ein Vogel, der in einem Fenster einen spiegelnden Ast, Futterhäuschen, Artgenossen usw. sieht, steuert diesen an. Die wahrgenommen Gegenstände sind aber aus der Perspektive des Vogels im selben Abstand hinter dem Fenster wie sie in der Realität vor dem Fenster sind. Die Anfluggeschwindigkeit wird also kaum gesenkt und damit endet das Ganze oft tödlich.

Für Vögel, die in der Luft nach Insekten jagen und einen freien Luftraum benötigen, wie Schwalben, Segler oder auch Greifvögel sind gespiegelte Himmelsflächen besonders fatal. Manchmal sieht man an den Fensterscheiben sogenannte Engelsbilder. Dies sind Staubabdrücke von Vögeln, die mit hoher Geschwindigkeit gegen das Glas geflogen sind. Wenn man die toten oder verletzten Vögel dann nicht vor dem Fenster finden kann, bedeutet dies nicht, dass der Vogel diesen Einschlag überlebt hat. Haustiere, insbesondere Katzen, aber auch Ratten, Marder usw. haben sich richtiggehend spezialisiert und suchen in regelmäßigen Abständen die Bereiche vor Glashindernissen ab. Ich konnte meinen eigenen Hund dabei beobachten, wie er auf die Kollision eines Vogels mit unserer Terrassentür sofort äußerst zielstrebig reagierte, wo ich mich erst noch orientieren musste, was das überhaupt für ein Geräusch war und wo es herkam. Es war für meinen Hund also nicht das erste Mal und damit war klar, dass auch wir ein Problem mit Vogelschlag haben.

Manche Vögel können zwar nach der Kollision noch wegfliegen, sind aber so schwer verletzt, dass sie zeitversetzt sterben oder in der Erholungsphase, die durchaus Stunden dauern kann, ein leichtes Opfer von Fressfeinden wie Katzen werden. Findet man einen so verletzten/benommenen Vogel, kann man ihn vorsichtig an einen sicheren Ort im Garten oder am Haus bringen und dort absetzen. Es eignet sich z. B. ein zusammengefaltetes altes Handtuch in dem er stabil sitzen und sich erholen kann. Entweder er erholt sich wieder und fliegt weg oder eben nicht. Wenn das Tier offensichtlich verletzt ist, sich z. B. den Flügel gebrochen hat, bitte den nächsten Tierarzt anrufen.

Bereits während der Bauphase können umfangreiche Vorkehrungen getroffen werden um die Situation für die Vögel zu entschärfen. Der LBV stellt hierzu über seine Homepage Faltblätter und Ratgeber zur Verfügung und verweist auf detaillierte Studien zu diesem Thema wie z. B. unter: http://www.wua-wien.at/naturschutz-und-stadtoekologie/vogelanprall-an-glasflaechen. Auch nachträglich kann man einiges tun, um die Situation für die Vögel zu verbessern. Leider haben die bekannten schwarzen Greifvogelsilhouetten praktisch keinen Effekt. Fliegengitter, Schnüre/Bänder vor den Scheiben, außen angebrachte Klebestreifen auf den Scheiben helfen hier bedeutend mehr. Grundprinzip: die Maßnahmen müssen außen vor oder an den Scheiben getroffen werden und der Vogel darf nicht den Eindruck bekommen, dass er noch irgendwo zwischendurch fliegen kann.

Vorhänge oder Jalousien sind zwar besser als nichts, verhindern aber kaum Spiegelungen und sind deshalb nur Notlösungen – es sollten Maßnahmen vor den Fenstern sein! Es gibt allerdings eine Maßnahme, die jeder treffen kann bei vielen ein Lächeln auf´s Gesicht zaubern wird: Keine Fenster mehr von außen putzen! Schmutzige Fenster sind zwar schlecht für das Image, aber je dreckiger sie sind desto besser können die Vögel sie erkennen.

Der LBV unterstützt momentan Versuche mit für den Menschen beinahe unsichtbaren Markierungen auf Glasflächen. Man versucht hierbei, sich den hochentwickelten Gesichtssinn der Vögel zu Nutze zu machen. Vögel können auch im UV-A-Bereich sehen und die verwendeten Aufkleber und Markierungsstifte reflektieren in diesem Bereich, sie sind damit theoretisch für die Vögel erkennbar. Es handelt sich noch um einen Test und jede Privatperson, mit entsprechenden Fenster-/Glasflächen aber auch Behörden können sich an dem Projekt beteiligen. Mittels BirdSticker, BirdPen, UV-reflektierender Folie, Ornilux-Glas sollen reale Anwendungs- und Einbausituationen getestet und die Wirkung der Maßnahmen erfasst werden. Teilweise wird dies auch finanziell unterstützt, indem entsprechende Produkte kostenlos zur Verfügung gestellt werden. Das Projekt wird durch den Bayerischen Naturschutzfonds gefördert. Unter www.lbv.de/projekt-glas gibt es weitere Informationen. Auch bei uns im Naturerlebnis Bruckmühl liegen entsprechende Unterlagen aus und wir kopieren Ihnen gerne die entsprechenden Anmeldebögen. Im Tierkundemuseum haben wir vor den Fenstern Insektengitter und damit kaum Probleme mit Vogelschlag. Auch werden die Fenster von außen kaum mehr gereinigt.